Ein Zukunftsdorf als Antwort auf den Strukturwandel
Raus aus der Kohle! Und dann? Eine Fahrradtour nach Pödelwitz
Nach einem kurzen Check - Wasser, Helm, Ersatzschlauch – geht es in Connewitz los. Sobald wir den Wald verlassen haben, zeigt sich uns die gesamte Strecke lang das Kohlekraftwerk Lippendorf mit den zwei großen Kühltürmen.
Restlöcher und das Leipziger Neuseenland
Erste Station ist der Zwenkauer See: ein geflutetes Restloch, Teil einer riesigen Landschaftsbaufläche des Leipziger Neuseenland und seit 2015 auch eine Hochwasserschutzeinrichtung. Jetzt werden in See Lage Häuser gebaut und der See touristisch erschlossen.
Weiter ging es auf der ehemaligen Kohle-Bahnstrecke zwischen Zwenkau und Groitzsch, die mittlerweile zu einem Fahrradweg umgebaut wurde.
Pödelwitz – betreten verboten!
In Pödelwitz vergeht einem das Urlaubsgefühl vom See sehr schnell. Im gesamten Dorf ist der Tagebau zu hören. Pödelwitz liegt direkt am Abgrund und die Bagger stehen bereit nebenan.
Pödelwitz ist ein vor der Umsiedlung gerettetes Dorf, aber die Spuren der Bedrohung durch Abbaggerung sind dort überall sichtbar. Das gelbe X der Initiative „Alle Dörfer bleiben“ markiert den Dorfplatz. Ansonsten sind in dem Dorf nur leere Häuser mit Schildern „betreten verboten - MIBRAG“. Die MIBRAG ist die Mitteldeutsche Braunkohle GmbH, die Pödelwitz wegbaggern wollte und alle leerstehenden Häuser gekauft hat.
Der Verein Pödelwitz hat Zukunft führt uns durch das leere Dorf.
„Pödelwitz war einst das kinderreichste Dorf in der Gegend. Von den damals 350 Einwohner*innen wohnen jetzt nur noch 30 hier. Eine Familie wurde bereits zwei Mal umgesiedelt und hat sich jetzt entschlossen zu bleiben. Genauso wie ein Mann, der sein gesamtes Leben hier verbracht hat. Die meisten haben Pödelwitz aber schon verlassen. Es ist ja auch unklar, wie es weitergeht ohne Menschen und Infrastruktur.“
Eine Zukunft für Pödelwitz?
Die Initiative Pödelwitz hat Zukunft will das verlassene Dorf wiederbeleben mit Baumpflanzungen, Schmetterlingswiesen und einem Gemeinschaftsgarten. Im Gemeindehaus, das es seit diesem Jahr gibt, reden wir weiter bei Kaffee und Kuchen.
„Mit Stiftungen möchten wir einige Häuser, die leer stehen, von der MIBRAG kaufen.“ Der Verein hat einen Plan für die Zukunft von Pödelwitz: „Unsere Vision ist eine lebendige Dorfgemeinschaft mit einer gesunden Umwelt, in der das Leben im Dorf für alle Generationen attraktiv ist. […] Der Braunkohletagebau hat nicht nur die Erde aufgerissen, sondern auch die Dorfgemeinschaft erodiert und verweht. Mit dem Kohleausstieg und der Bewahrung vor der Abbaggerung muss sich Pödelwitz neu erfinden. Wir wollen diesen Prozess proaktiv gestalten und eine Vorreiterrolle einnehmen für all die anderen Orte in Strukturwandelregionen, die in den nächsten Jahrzehnten neue Formen des Lebens, Arbeitens und Wirtschaftens finden müssen.“
Später sehen wir Pödelwitz von der anderen Seite des Abgrunds, am Aussichtspunkt des Tagebaus Peres. Unsere Tour endete dann kurz danach in Neukieritzsch.
